Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Freunde und Freundinnen, liebe Begleiter*innen,
auch Organisationsberater*innen müssen leider das 3 – Phasen Modell von Kurt Lewin für Veränderungen sozialer Systeme durchlaufen: die soziale Struktur auftauen (unfreezing), in Bewegung Richtung Neuem bringen (moving) und schließlich die neue Struktur verfestigen (freezing).
Nach 26 Jahren gemeinsamer Arbeit und gemeinsamen Lebens als Move Organisationsberatung scheidet Johannes Massolle zum 31.12.2022 aus der Gesellschaft aus und wird in Zukunft als Kooperationspartner in geringerem Umfang weiter beraten, trainieren und coachen. Wir drei (Johannes, Stephanie, Andreas) sind froh, in Britta Sabel eine kompetente, erfahrene und sympathische Nachfolgerin gefunden zu haben.
Passend zur Jahreszeit beginnen wir mit dem freezing, unterschreiben Verträge, entwerfen neue Regeln und vereinbaren Teamsitzungen in veränderter Struktur.
Nur hatte das natürlich einen längeren Vorlauf. Zum Glück mussten wir in diesem Prozess über ca. fünf Jahre nur manchmal an das Sprichwort denken: „Zu Hause beim Tischler wackelt der Tisch.“ Das soll bedeuten, dass uns meist ein wertschätzender, ressourcenorientierter und zukunftsgerichteter Umgang miteinander gelungen ist. Und ist es mal nicht gelungen, hatten wir noch Frederic Laloux‘s Leitlinien für Kommunikationskultur (Reinventing Organizations) in der Hinterhand: Wir unterstellten uns zumindest eine gute Absicht …
An dieser Stelle folgt eine Reflexion, was in unserem Fall (einer sehr persönlichen Zusammenarbeit) zum erfolgreichen Gelingen eines Übergangs (Stand 13. Dezember 2022, 11:30 Uhr) beigetragen hat. Erfahrungen aus Nachfolgeprozessen in anderen Unternehmen fließen mit ein.
Unfreezing (auflockern, auftauen)
Schmilzt Eis in der Sonne, ist es offensichtlich, dass der Prozess Energie benötigt. Wie viel Energie und wie viel Zeit das Auflösen und Infragestellen vorhandener sozialer Strukturen und Beziehungen benötigt, sollte man nicht unterschätzen. Das Auflockern hat bei uns von ca. 2019-2021 gedauert und erst gegen Ende wurde uns bewusst, wie viel Kraft das kostet.
Auf der sachlichen Handlungsebene müssen neben dem Alltagsgeschäft neue Vergütungsmodelle entworfen, das Raumkonzept angepasst und potenzielle Nachfolger*innen kontaktiert werden.
Im Nachhinein nicht überraschend, im konkreten Tun dann doch: Empathie mit sich selbst (was will ich, was bewirken die Überlegungen der anderen bei mir …) und Empathie mit den anderen (ach so, er/sie braucht noch Zeit/Sicherheit – ich eigentlich nicht …) erfordert emotionale Energie.
Aus unserer Erfahrung fördert es den Prozess, wenn die Beteiligten fähig und willens sind, die jeweils aktuellen Emotionen zu teilen und sich damit gegenseitig Orientierung und Sicherheit zu geben.
„Investitionen“ werden mit „€“ in Verbindung gebracht. Im Fall von Nachfolge und Umbau sind Investitionen in Beziehungen aus unserer Sicht Grundlage des Erfolges. Sowohl in die Beziehungen im Inneren der Organisation als auch nach außen. Für uns war es ein weiterer Schlüssel zum Erfolg, dass wir die Zusammenarbeit mit Britta Sabel über fast 1,5 Jahre erproben konnten. Für andere Organisationen, bei denen auch persönliche, relativ langfristige Arbeitsbeziehungen im Vordergrund stehen, sind möglicherweise auch Erprobungsphasen als Stellvertretung oder in einer Stabsfunktion erfolgversprechend.
Moving (hinüber leiten, bewegen)
Die Wirrnisse und Verstörungen des unfreezing haben sich dann gelohnt, wenn Einzelne und die Gruppe wieder Selbstwirksamkeit spüren, wenn sie das Gefühl haben, das Heft wieder in der Hand zu haben. Wird die Situation noch so gedeutet, dass man Opfer von schlechten Umständen ist, ist das keine gute Voraussetzung, um sich dem Neuen hinzuwenden.
Wir waren bereit, haben uns zu Beginn des moving von Lösungsvarianten verabschiedet (Standort auflösen – nur noch Home Office, junge Uni-Absolvent*innen gewinnen …) und gemerkt, dass, wie es in der Literatur beschrieben steht, eine Vision wirklich „ziehen“ kann. Unsere Vision hat Freude und Energie bei uns freigesetzt.
Johannes Massolle hat in dieser Phase bereits seinen Arbeitsumfang reduziert und begonnen, uns in Dinge einzuarbeiten, die bisher nur er verantwortet hat. Wir haben die Entscheidung getroffen, unser Büro umzubauen und neue Untermieter aus unserem Netzwerk gewonnen. Alles, bevor wir mit Britta Sabel den Vertrag geschlossen haben. (Eine Absage ihrerseits hätte uns wieder in das unfreezing befördert.)
Wie bereits oben erwähnt, strukturieren wir aktuell das neue Jahr für die neue Konstellation. Im nächsten Moveletter werden wir berichten, wie das neue freezing bei uns geklappt hat.
Stephanie Frenzer, Johannes Massolle, Andreas Rauchfuß